Häufige Irrtümer im Arbeitsrecht

Wenn der Arbeitgeber kündigt, muss er dem Arbeitnehmer eine Abfindung zahlen.

Die Annahme, dass mit einer Kündigung automatisch eine Abfindung an den Arbeitnehmer zu zahlen ist, ist falsch. Das Gesetz sieht – mit sehr wenigen Ausnahmen z.B. § 1a Kündigungsschutzgesetz- grundsätzlich keine Abfindung bei einer Kündigung durch den Arbeitgeber vor. Manchmal kann sich eine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Zahlung einer Abfindung aus einer Betriebsvereinbarung, einem Sozialplan oder Tarifvertrag ergeben. Wenn der Arbeitgeber eine Abfindung zahlt, liegt das in den meisten Fällen daran, dass die Parteien dies zur Beendigung eines Rechtsstreits über die Wirksamkeit der Kündigung– meistens vor dem Arbeitsgericht – vereinbart haben. Der Arbeitgeber kauft sich sozusagen frei. In diesen Fällen ist die Höhe der Abfindung frei verhandelbar, meistens orientieren sich die Parteien am Prozessrisiko und wenden die weit verbreitete, aber – für frei verhandelbare Abfindungen keineswegs zwingende – Faustregel „ ein halbes Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr“ an.

Arbeitsverträge bedürfen der Schriftform

Auch dies ist nicht richtig. Mündlich vereinbarte Arbeitsverträge sind wirksam, sie gelten dann für unbestimmte Zeit. Soll das Arbeitsverhältnis befristet werden, so ist für die Wirksamkeit der Befristung die Schriftform erforderlich, d.h. ein nur mündlich befristeter Arbeitsvertrag gilt für unbestimmte Zeit geschlossen.
Nach dem Nachweisgesetz soll jeder Arbeitgeber innerhalb einer Frist von einem Monat nach Beginn des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Vertragsbedingungen aufzeichnen und dem Arbeitnehmer aushändigen. Bei einem Verstoß ist das Arbeitsverhältnis dennoch gültig, allerdings gerät der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer gegenüber in Verzug und haftet ihm für den Verzugsschaden. Auch kann die Nichteinhaltung der Verpflichtung bei einem Streitfall vor Gericht zu gewissen Beweiserleichterungen für den Arbeitnehmer führen. Die Schriftform bietet sich daher vor allem aus Beweiszwecken an.

Vor einer fristlosen Kündigung ist immer eine Abmahnung erforderlich

Eine fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses soll zwar grundsätzlich als „ultima ratio“ erfolgen, d.h. nur ausnahmsweise, wenn ein wichtiger Grund vorliegt, der so gravierend ist, dass es für den Kündigungsberechtigten nach Abwägung der beiderseitigen Interessen unzumutbar ist, den Ablauf der Kündigungsfrist oder das reguläre Ende des Arbeitsverhältnisses abzuwarten. Dies bedeutet im Regelfall, dass eine Kündigung, insbesondere eine fristlose Kündigung nur ausgesprochen werden soll, wenn dem Arbeitnehmer vorher durch eine Abmahnung deutlich gemacht wurde, dass der Arbeitgeber sein Verhalten nicht akzeptiert und im Wiederholungsfalle kündigt. Bei besonders schwerwiegenden Pflichtverletzungen, die insbesondere den Vertrauensbereich des Arbeitsverhältnisses berühren, kann eine fristlose Kündigung ohne Abmahnung wirksam sein. Beispiele für derart schwerwiegendes Fehlverhalten sind insbesondere strafbare Handlungen während der Arbeitszeit, sexueller Missbrauch am Arbeitsplatz, hartnäckige Arbeitsverweigerung, vorsätzlicher Spesenbetrug, grobe Beleidigungen am Arbeitsplatz etc.

Überstunden sind zu bezahlen

Der Arbeitgeber muss Überstunden nicht generell vergüten. Er muss allerdings einen Ausgleich leisten, dieser kann auch durch die Gewährung bezahlter Freizeit erfolgen. Hierfür ist jedoch Voraussetzung, dass Überstunden geleistet und auch angeordnet bzw. bewusst geduldet wurden. Eine Vergütung statt des Freizeitausgleichs kommt grundsätzlich nur in Betracht, wenn dies der Arbeitsvertrag vorsieht. Häufig findet man in Arbeitsverträgen die Klausel, dass Überstunden mit dem Grundgehalt pauschal abgegolten sind. Diese Klausel ist unwirksam, wenn nicht erkennbar ist, in welchem Umfang Überstunden abgegolten sind.